naturNAH
Seit meiner Kindheit habe ich einen starken Bezug zur Natur. An der Nordsee geboren, mit dem Meer und den Dünen von St. Peter-Ording aufgewachsen, sind für mich die Geräusche und Gerüche der Küste, die Farben und das Leben in der Natur mit intensiven Kindheitserlebnissen verbunden. Da mein Großvater Viehhändler war, spielte das Geschäft mit Tieren für meine Familie eine große Rolle. Die Tiere, der Handel mit ihnen, ihr Verkauf auf dem Viehmarkt in Husum und damit auch ihr vorbestimmter Tod waren unsere Lebensgrundlage. Vor diesem Hintergrund ist die Darstellung von Rindern (Hornträgern) für mich nicht nur als Malerin interessant, sondern ermöglicht es mir, die Einzigartigkeit dieser Kreaturen und darüber hinaus den Vergänglichkeitsprozess allen Lebens in der Pflanzenwelt darzustellen. Ich begreife meine künstlerische Arbeit als eine Art deprecatio (Abbitte) an Tiere und Pflanzen. Wir Menschen neigen dazu, uns zu überschätzen und uns immer mehr von der Natur zu entfernen.
Indem ich sie übernatürlich vergrößere, monumentalisiere, steigere ich die Bedeutung meiner Motive. Bei den Darstellungen von Pflanzen oder Pflanzenteilen ermöglicht mir die Malerei, den Blick intensiv auf ihre Oberflächen, Details und deren Besonderheiten zu richten. Die Tierdarstellungen zeigen nur die Köpfe der Rinder, also den Teil des Tieres, den wir als Menschen, in unserer Eigenschaft als Augentiere (und damit als „Raubtiere“) besonders wahrnehmen. So entsteht eine Art Tierporträt, das die Besonderheit jedes einzelnen Hornträgers zeigt. Die spitzen Hörner der schottischen Hochland-Rinder genauso wie z. B. die stachelartigen Oberflächen der Früchte einer Kastanie haben mich besonders fasziniert. Sie zeigen natürliche Waffen, die man auch in der menschlichen Kultur als Abwehr findet.
Meine Bilder reduzieren Naturphänome meistens auf einen Bildgegenstand und geben ihm eine Art Objektcharakter. In meiner künstlerischen Ausbildungsphase habe ich viel plastisch gearbeitet und gezeichnet, später eher grafisch mit Flächen experimentiert, farbig oder mit Grauwerten kombiniert mit starken Konturen, die auf die Leinwand gesprayt wurden (siehe Arbeiten mit Schablone). Ich bin erst relativ spät zur Malerei mit Ölfarbe gekommen. Mein malerischer Ansatz kommt daher weniger aus dem intuitiven Farberlebnis und dem spontanen Malprozess sondern nimmt die Form des Bildgegenstandes, die ich durch die Farbe zu erfassen versuche, als Ausgangspunkt. Die Ölmalerei eröffnet mir dabei praktisch unerschöpfliche Möglichkeiten. Meine Bilder sind keine Plein-Air-Malereien, keine Bildgeschichten, sie benutzen die Fotografie als statische Ausgangssituation, die mir die Einarbeitung in den Malprozess ermöglicht und mich jeden Tag mit meiner Gestimmtheit konfrontiert. Ich schaue tagtäglich wieder ein wenig anders auf das Motiv und versuche das in meinem Malprozess einzufangen.